In einem Bericht über das Cottbuser Festivals des osteuropäischen Films wurde einst mit „singenden Serben“ getitelt. Anlass war nicht etwa ein Musical, sondern die wunderschöne Tragödie „Beli, beli svet“, die leider nie in deutsche Kinos kam. „Rendezvous in Belgrad“ lässt den Verdacht aufkommen, in serbischen Produktionen wird bevorzugt gesungen. Die Geschichte ist etwas heiterer, wird aber auch hier mit melancholischen Chören gleichsam kommentiert. Die filmische Form liegt zwischen Liebesepisoden und Belgrad-Reiseführer, zusammengehalten eben durch die Chöre, bei denen Stewardessen oder die schwer uniformierten Mitglieder einer Anti-Terror-Einheit sehnsüchtige Liebeslieder singen.
Die vier Episoden sind dann auch angemessen emotional, kippen aber zum Glück nie ins Kitschige. Ein junger Fahrer eines Musikfestivals soll an seinem ersten Arbeitstag eine gefeierte französische Sängerin zum Flughafen abholen. Erst macht sie ihn verrückt mit Alkoholeskapaden und lässt sich nicht pünktlich wieder einfangen, um den vereinbarten Terminplan zu halten. Danach verzaubert sie ihn mit ihrer Bühnenpräsenz. Eine schöne und starke Episode, in der die beiden Darsteller (Marko Janketic und Julie Gayet) glänzen können. Auch in den folgenden zwei Episoden sind ausländische Besucher involviert, ein vermeintlicher amerikanischer Diplomat und ein deutsch-türkischer Geschäftsmann. Am Ende schließlich beichtet sich ein kroatisch-serbisches Paar auf dem Weg zur Trauung gegenseitig seine Verfehlungen.
Die vielen Küsse – sowohl in den Geschichten wie auch während der Choreinlagen und wenn Sprecher die Vorzüge von Belgrad preisen – stehen wohl metaphorisch für die Versöhnung, die die kriegsgebeutelte Stadt vollzieht. Gleichzeitig wird das Sicherheitsbedürfnis nach amerikanischen Vorbild auf die Schippe genommen. Belgrad ist aktuell auf dem Weg zur neuen Partystadt, wo junge Leute für wenig Geld eine gute Zeit verbringen können. Die Belgrader selbst hingegen sind oft ohne Orientierung und wissen nicht so richtig, wohin mit ihren intensiven Gefühlen.
Dies inszeniert Regisseur Bojan Vuletic auf eine kuriose, unterhaltsame und dennoch schwermütige und sehnsüchtige Art, und in jeder neuen Episode wird ein anderes Liebesleid thematisiert.
[erschienen im gedruckten Kinokalender 4 / 2013]
Kinostart: 11.04. 2013